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IT-Genossenschaft
In diesem Repository wird die Möglichkeit der Bildung einer IT-Genossenschaft (auch Mitarbeiter*Innen-Unternehmen oder Produktivgenossenschaft genannt) beleuchtet.
Inhalt
- Grundgedanke
- Ziel
- Gründe
- Umsetzung
Grundgedanke
Wie bereits in der Vergangenheit anderenorts geschehen, ist die Genossenschaft ein Zusammenschluss gleichberechtigter Beteiligter, die gemeinsam am Auskommen des Unternehmens sowie seiner Teilnehmer*Innen arbeiten.
Es wird dabei demokratisch über alle relevanten Themen entschieden. Jedes Mitglied hat eine Stimme, unabhängig von Anteilen oder Leistung.
Die Idee ist, dass Menschen verschiedener Leistungsfähigkeit und mit verschiedenen Expertisen gemeinsam an einem Ziel arbeiten, sei dies finanzielle Unabhängigkeit, bloßes Auskommen oder Erfüllung der eigenen Ideen und Wünsche.
Ziel
Das Ziel ist die Erwirtschaftung eines angemessenen(TM) Lebensunterhalts für die Mitarbeitenden und die Abwesenheit einer Hierarchie zwischen den Mitgliedern oder den Arbeitenden und den Eigentümer*Innen.
Gründe
Die Notwendigkeit eines solchen Unternehmens sind unseres Erachtens zur Zeit folgende (ohne spezielle Reihenfolge):
- IT-Dienstleistungen sind sehr komplex und sind zu viel Arbeit für viele Einzelselbstständige
- Die Verwaltung eines IT-Unternehmens ist in der Regel nicht die Kernaufgabe von IT-Selbstständigen
- Einzelselbstständige sind oft nicht kompetitiv genug um Unternehmen überzeugen zu können
- Bei klassischen Eigentumsverhältnissen entsteht sehr einfach ein Ausbeutungsszenario, besonders bei nicht-Kaufleuten als Mitarbeitende
- Es fehlt in der IT-Branche an inklusiven Unternehmen die Minderheiten respektieren
- Nachhaltigkeit (z.B. durch Open Source) wird in den meisten IT-Unternehmen noch nicht besonders beachtet
Umsetzung
Es gelten investierte Stunden gleichmäßig für alle, unabhängig von deren Eigenschaften (wie Bildungsabschlüsse oder Aufgaben). So soll also die Sicherheitsforschende das Gleiche pro investierter Stunde bekommen wie die Reinigungsbeauftragte. Natürlich setzt dies die Notwendigkeit der jeweiligen Position im Unternehmen voraus.
Aufgabenverteilung
Anfänglich teilen sich vermutlich mehrere mutlitalentierte IT-Arbeitende die notwendigen Verwaltungsaufgaben. Später soll möglichst eine Genossin für die Verwaltung dazukommen. Später dann möglicherweise noch IT.
Konsens
Es sollen alle Entscheidungen nach bekannten horizontalistischen Regierungsformen getroffen werden: Konsens, Negativ-Konsens, Qualifizierte Mehrheit.
Plena sind grundsätzlich monatlich durchzuführen oder auf Antrag. Zu den Plena wird per bekannt gemachten Kontaktdaten der Mitglieder mit einer Woche Vorlauf eingeladen. Grundsätzlich ist Persönliches treffen und remote gleichbedeutend und keines ist erzwingbar.
Freie Assoziation
Generell soll von vorn herein klar sein, dass Menschen mit der Idee auch Reiß aus nehmen dürfen und ihren eigenen Ableger dieser Genossenschaft gründen dürfen. Die Markenrechte werden ähnlich Open Source inhalten zur gewerblichen Verwendung lizensiert. Das bedeutet dass freie Assoziation herrscht. Demnach werden häufige Diskrepanzen (zum Beispiel regelmäßiges Veto in Plena) auch zu einer Emopfehlung des Austritts führen. Dies soll nicht als Ausschluss (Rausschmiss) betrachtet werden sondern als die Notwendigkeit, Gruppen klein und Konsensfähig zu halten ohne dabei Dissenz generell zu vermeiden. Deshalb auch die Ausweichmöglichkeiten auf Negativ-Konsens oder Mehrheit.
Finanzierungsideen
Ein IT-Unternehmen kann mit den notwendigen Kenntnissen mit einem einfachen PC, möglichst einem Laptop, geführt werden. Dank Open Source ist für die reine Tätigkeit keine Anfangsinvestition zu tätigen.
Der finanzielle Aufwand für die Bildung einer Genossenschaft ist vergleichsweise hoch, jedoch mit den erzielbaren Stundensätzen durchaus schnell wieder drin. Wiederkehrende Kosten für Werbung, rechtliche und steuerliche Beratung sind ggf. noch zu beachten.
Aus der Geschichte anderer IT-Genossenschaften soll die Möglichkeiten des geschäftführenden Organs maximal beschnitten werden. Eine Entscheidung durch die Geschäftsführung hat Grundsätzlich eine Plenumsentscheidung zur Grundlage.
Groesse
Auch hier nehmen wir eine Seite aus den vergangenen Erfahrungen von IT-Genossenschaften. Die Genossenschaft ist zunächst begrenzt auf 20 Individuen. Hintergrund ist die Schwierigkeit von demokratischen Entscheidungen bei großen, heterogenen Gruppen und der damit einhergehenden Lagerbildung. Wir bevorzugen die Bildung einer Föderation mit mehreren, unabhängigen aber kooperierenden, lokalen Genossenschaften.
Arbeitszeiten
Hier sind die Ideen vielfältig. Viele Selbstständige arbeiten sehr unterschiedliche Stunden. Mal sind sie über vollzeit tätig, mal arbeiten sie monate nicht. Hier sollte sich jede*r frei genug fühlen sich einzubringen wie es eben geht. Jedoch sollte auch klar sein, dass eine Mitarbeit an einer Sache für den "Return on Invest" auch nötig ist.
Bezahlung
Zunächst schwebte uns ein rein Gewinnbasiertes Bezahlungssystem vor, da der gemeinsame Erfolg nicht unbedingt durch gearbeitete Stunden messbar ist. Andererseits soll die Unternehmung - speziell während ihres Aufbaus - nicht durch massen an untätigen Mitgliedern ausgebremst werden, die sich ggf. einen extrem guten Deal für ihre Gesellschaftanteile erhoffen.
Deshalb soll die Gruppe sowohl die Projekte beobachten als auch die gearbeiteten Stunden prüfen.
Folgender Ablauf könnte sich daraus ergeben:
- Werbung oder Individuum akquiriert Auftrag
- (kurz) Plenum entscheidet darüber ob Auftrag grundsätzlich passt
- Person zeichnet sich verantwortlich und legt binnen 48 Std. einen groben Umsetzungsplan vor, ggf. mit notwenigen Mitarbeitenden
- Plenum entscheidet über verbindliche Annahme des Auftrages und weist verantwortung zu
- Kunde bekommt bescheid
- Verantwortliche Person arbeitet Projektplan aus und führt alle weiteren maßnahmen verantwortlich an
- Es werden Stunden erfasst und dem Kunden durch die verantwortlichen in Rechnung gestellt.
- Nach abschluss und ggf. Abnahme des Projekts verteilt die Unternehmung 50% des Ertrages (Umsatz minus direkte Kosten) auf die leistenden nach Aufwand in Stunden, inkl Plenumsteilnehmende
- Das restliche Geld wird als Rücklage, für werbung, infrastruktur und beratung zurückgehalten
- am ende des jahres wird im plenum über die verwendung der restlichen mittel entschieden.
Laufende Kosten
Besonders am Anfang sind die laufenden Kosten so klein wie nur möglich zu halten. Selbstverständlich werden ggf. Ausgaben für Server und andere IT-Infrastruktur anfallen, jedoch ist auf wirklich notwendiges zu achten. Besonders externe Personalkosten oder kostspielige Abbonements, Lizenzen und Verträge sind zu vermeiden.
Haftung
Die Genossen haften gegenüber der Genossenschaft nur für grob fahrlässiges (beschränkt auf ihre Einlage) und vorsätzliches Fehlverhalten (dann unbegrenzt). Die Genossenschaft haftet gegenüber den Genossen nur bei grober Fahrlässigkeit (beschränkt auf die kleinste zu beziffernde Größe, zb den Auftrag, ihr Betriebsvermögen) oder bei Vorsatz nach gesetzlichen Vorschriften.
Gründungsvorgehen
Laut dieser Quelle kostet die Gründung einer Genossenschaft ca. 1500 und 4000 € plus laufende Kosten von 200 - 1800 € pro Jahr (Mitgliedsbeiträge in Verband) und 800 € Prüfgebüren alle 1-2 Jahre.
Das bedeutet, dass zur Gründung erstmal mindestens 1500 € aufgebracht werden müssen, ggf. mehr. Zudem sollten für die ersten zwei Jahre mindestens die laufenden Verbandsbeiträge und die Prüfgebüren vorhanden sein. Insgesamt sprechen wir also von einem minimum von 2700 € bis zu einem Maximum von 9200 €, wobei letzteres sicher nicht bei kleinen Umsätzen geschehen wird.
Nun gibt es bereits erste Berichte zu Vorgehensweisen. Es kann beispielsweise ein Verein gegründet werden, der mit dem Sammeln von Kapital (z.B. durch monatliche Beiträge) und anschließende Abwicklung der Gründung beauftragt wird. Die Mitgliederanzahl vor Eintragung muss mindestens drei Betragen und sofern es bei einer Maximalzahl von 20 Mitgliedern bleibt kann die Ernennung eines Aufsichtsrats unterlassen werden. Auch bleibt in dem Fall der Vorstand bei einer Person.
Satzung
Die Herstellung einer Satzung ist laut dieser Quelle notwendig.
Mitglied auf Probe
Es muss ein nicht unbeträchtliches Kapital zur Gründung und zum Betrieb der Genossenschaft aufgebracht werden (mindestens 2700 € für die ersten zwei Jahre). Auf viele Rücken verteilt nimmt die Last zwar ab, jedoch wollen wir auch prekarisierten Menschen eine Perspektive bieten. So ist es einerseits nötig, dass ein Mitglied einen Mindestanteil von zb 500 € in die Genossenschaft einbringt um die Verwaltungs- und Gründungskosten teilweise zu decken, jedoch hat nicht jeder Mensch mal eben 500 € zum anlegen parat. Insofern wäre eine Zwischenlösung gut, in der ein Menschn auf "Probe" eintritt, ohne mitzubestimmen und Vergütung zu erhalten (allerding nach der Entscheidung ob grundsätzlich zusammengearbeitet werden soll) und sich dann deren Anteil erarbeitet. Dies kann zum Beispiel durch Akquisition und (Hilfe bei der?) Abwicklung eines Auftrages mit entsprechendem Ertrag erfolgen.